Schneller essen in Weiß

Das “Pure White Restaurant”, kürzlich vom Kölner Stadtanzeiger hochgelobt, hatte mich neugierig gemacht und den Wunsch hervorgerufen, diese Wissenslücke zu schließen. Zunächst aber hieß es warten auf einen Termin. Die Abende sind lange im Voraus ausgebucht, es wird in mehreren Schichten gegessen. Von abendlichen Spontanbesuchen ist daher dringend abzuraten, selbst die Wartelisten sind endlos lang.

Mittags ist einem das Glück schon eher hold: “Bitte kommen Sie am Samstag um 13.15 Uhr”. Präzise! Nicht eher und nicht später! Gehorsam entsprachen wir dieser Aufforderung und waren zeitgerecht zur Stelle. Der freundliche Empfang enstprach zum Glück nicht der gestrengen Aufforderung zum Pünktlichsein. Wir wurden rasch und kompetent bedient und versorgt.

Die etwas abgegriffene Speisenkarte ist recht übersichtlich: halb Seafood, halb Beef. Alles vom Feinsten und zu vernünftigen Preisen. “Handgetauchte Jakobsmuscheln” wurden empfohlen. Was Jakobsmuscheln sind, ist schon klar, aber wieso handgetaucht? Leben die nicht ohnehin im Wasser? Egal, sie wurden geordert und entpuppten sich als hauchdünn geschnittene Scheibchen nach Carpaccio-Art, aromatisiert mit winzigen Würfelchen von Kirschen und Grapefruit – ein Gedicht!

Die Queen pflegt Dry Age Beef zu speisen, so lasen wir. Was die kann, können wir – zumindest im Pure White – auch, also her mit dem perfekt gegrillten hocharomatischen Steak und einer schaumigen weißen Sauce, von der wir noch ein Extraschälchen orderten, so gut war sie.

Die Steaks kamen in mungerechte Streifen geschnitten auf einer ungewärmten Schieferplate auf den Tisch. An langsames, genussvolles Speisen war nicht zu denken, denn das Fleisch kühlte mit rasanter Geschwindigkeit ab.Das letzte Drittel konnte man nur noch kalt verzehren. Sehr schade.

Ein duftiges leichtes Orangendessert stimmte uns halbwegs versöhnlich, aber inzwischen tat uns beiden der Rücken weh vom aufrechten Sitzen auf ungepolsterten Hochstühlen ohne Lehne. Damit komme ich zu einem gewaltigen Manko des Pure White: Der Schuppen ist extrem ungemütlich und es zieht wie Hechtsuppe.

Einen entspannten Abend mit Freunden kann man dort nicht genießen, es sei denn, man ergattert den einzigen normal hohen Ecktisch mit acht Plätzen.

Gut speisen für Menschen mit wenig Zeit – dafür ist das Restaurant genau richtig. Für stilvolles und ausgiebiges Tafeln sollte man woanders hingehen.

Die Weinkarte ist klein, gut durchdacht und übersichtlich, allerdings sind die Preise nicht gerade günstig, wie etwa ein Weißwein aus der Moderebsorte Lugana für 6,00 EUR/ 0,1 l. Etwas mehr “Offene” wären wünschenswert.

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